Lego Steiner

Norbert Schneider. WER? Aus Wien. Gitarrist. Geh hin. Geh! Einfach! Hin! Basta. Natürlich gehst du hin. Es sind auch schon andere da, prickelnde Atmosphäre, das soll ja ganz oberamtlich sein, flüstert einer seiner Freundin zu. Es erscheint ein Schlagzeuger mit schütteren Haaren, grinst lässig, hockt sich. Der Bassist sieht aus wie sein Instrument, glücklich und wohlgenährt. Ein schmaler, schüchterner Mann im Anzug setzt sich ans Klavier. Der Saxophonist geht gleich in zweiter Reihe in Deckung. Und dann kommt dieser schlaksige Junge mit der übergroßen Gitarre, er sieht aus, als hätte ihn die Zeitmaschine von Marilyn Monroes Bungalow rübergeweht, wo er eben noch in der Garagenauffahrt den Cadillac gewaschen hat.

Musik. Norbert Schneider spielt blue. Es haut dir den Atem weg auf den ersten Ton. Man hört ungläubig zu. Läufe wie aus einer anderen Welt. Der am Schlagzeug treibt mit raffinierter Zurückhaltung, der Bass wuchtet sich rein und baut dem Rest der Band ein hart swingendes Fundament, der Pianist lässt frei nach Count Basie´s reiner Lehre alles weg, was überflüssig ist, und nach dem ersten Saxophonsolo fragt man sich, wann man sowas zuletzt gehört hat. Und Norbert Schneider aus Wien lümmelt sich wohlig und zufrieden auf seinem Barstuhl, die Gitarre in lässig verdrehter Haltung auf dem Schoß. Jetzt, wenn er mit leisem Lächeln seine Läufe aus den Saiten perlen lässt, ist die ganze Luft blue.

Du hörst große Sachen aus den 50er Jahren, ewige Songs von Fats, der sie sicher selbst gern so gespielt hätte, wie Schneiders Truppe sie spielt. Von Willie Dixon und Sam Cooke, von Tiny Bradshaw und Perez Prado. Blue wird jetzt zum Blues - das liebt die ganze Band, und da dreht sie noch mal einen Tick höher. Slippin’ & Slidin vom Ray-Charles-Kumpel Jimmy Lewis basiert auf der schlichten Ansage „Bluewhuwhuhues, blues, don’t you worry me“. Für sowas, denkst du, kann Schneiders freundliche Stimme niemals traurig genug werden. Aber er zeigt dir, dass Blues nicht vor Unglück triefen muss, um ins Herz zu gehen.

Gitarre hat Schneider in Wien gelernt, in einer musikalischen Familie, bei lokalen Bluesbands, später von Stars, mit denen er spielte. Da konnte er schon alles, aber jetzt kam das Feeling dazu, ohne das nirgendwo was läuft, im Blues aber schon gar nicht. Du hörst Song auf Song, das Quintett da oben saugt dich weg, und ehe du einmal auf die Uhr schaust, sind zwei Stunden rum. Danke, sagt Norbert Schneider aus Wien, lächelt verlegen, spielt eine Zugabe und noch eine, und geht dann rasch von der Bühne, als wären ihm die tobenden Leute da draußen eher unheimlich. Er schreibt Autogramme auf CDs, aber man spürt, dass er lieber spielen würde, vielleicht noch mal blue, vielleicht aber auch einen schnellen Rocker von Buddy Holly oder so.

Die Band ist jetzt ein bisschen überwältigt von sich selbst. Kein Wunder. Wo Schneider hinkommt, flippt das Publikum aus. So könnte es eine Frage der Zeit sein, bis er und seine Jungs den Status erreichen, wo man als Musiker sehr, sehr wichtig ist, die Instrumente von Roadies getragen werden und die Hotelzimmer mehr Sterne haben als der Himmel über Wien. Wo 50000 im Stadion stehen und die Musik letzte Nebensache wird. Schmääääh, sagt Schneider, nicht wir, und schon gar nicht mit Blues.

Man ist geneigt, ihm das zu glauben. Weil man spürt, dass Norbert Schneider aus Wien die Musik braucht, um zu überleben. Geld, Erfolg, Ruhm, naja, warum nicht, aber wichtiger als alles ist blue. Der Schlagzeuger mit den schütteren Haaren, der wohlgenährte, glückliche Bassist, der schüchterne Pianist und der stille Saxophonist nicken mit den Köpfen. Und du merkst, dass du es hier mit einer seltenen Sache zu tun hast – einer ziemlich perfekten Einheit.

Dann nehmen sie ihre Instrumentenkoffer und sind verschwunden, ehe du’s begriffen hast. Vielleicht noch irgendwo ein Bier trinken. Vielleicht aber auch, um gerade noch die Zeitmaschine zu erwischen. Jemanden wie Marilyn lässt man schließlich nicht gern warten. - styxrecords

Norbert Schneider's R&B Caravan was THE discovery of the renowned jazz festival Ascona 2007. With an irresistible style mix of Rhythm & Blues, Soul and a little bit of Folk the band can even rock a nursing home. - nomainstreammusic