OLOID christian zehnder / gregor hilbe
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"Das Torkeln des Oloids"

Das Torkeln des Oloids
Mit dem Duo Stimmhorn wurde er bekannt, jetzt veröffentlicht der Basler Stimmkünstler Christian Zehnder ein Album von minimalistischer Magie.
Von Christoph Merki
Sind wir hier in einer Tropfsteinhöhle? Wir hören Wassertropfen, die zerspritzen, und ihre Echos. Die Tropfen musizieren präzise in den Tönen Fis und B, bilden ein rhythmisches Muster. Und man merkt: So geometrisch musiziert die Natur nicht. Also doch keine Tropfsteinhöhle. Jetzt kommen zu den Wassertropfen auch noch Orgelpfeifen dazu. Und eine Menschenstimme.
Es ist die von Christian Zehnder. Sie erklingt in «Oloid», dem Titeltrack des gleichnamigen Albums, das der Basler mit dem Drummer und Elektroniker Gregor Hilbe eingespielt hat. Ein ungewöhnliches Album - wegen der zuverlässig unorthodoxen Stimmkünste von Zehnder, aber auch, weil hier eine Groovemusik auf dem Klang von tiefen Orgelpfeifen baut. Urig, vibrierend, elementar ist das alles.
Der 1961 geborene Zehnder hat schon beim Ensemble Stimmhorn mit dem Alphornisten Balthasar Streiff vereinzelt Orgelpfeife gespielt. Doch eine so tragende Rolle wie jetzt bei «Oloid» hatten die Pfeifen damals nie. Überhaupt begegnen wir auf dem Album einem neuen Christian Zehnder. Das hängt vor allem mit seinem neuen Duo-Partner zusammen. «Ich wünschte mir schon immer, mit komplexeren rhythmischen Strukturen zu arbeiten als bei Stimmhorn», sagt Christian Zehnder. Und gerade das sei möglich mit Hilbe, der sich so gut auf Polyrhythmen verstehe.
Paul Schatz und sein Vieleck
Zurück zum Stück mit den Wassertropfen: Man vernimmt darauf die Stimme von Christian Zehnder - im vorsprachlichen Bereich, nur mit Fantasielauten. Doch da gibt es diese eine Stelle! Mit ganz tiefer Stimme, als wäre er ein tibetischer Mönch, zelebriert Zehnder gemeinsam mit Hilbe das Wort «Oloid». Lang gedehnte Silben einer Beschwörungsformel. Was in aller Welt bedeutet Oloid? Nun, nicht weit von Zehnders Wohnort Basel wohnte einst der Künstler und Maschinenbauer Paul Schatz, der von der Anthroposophie Rudolf Steiners beeinflusst 1929 das Oloid entwarf, einen wunderlichen geometrischen Körper - mathematisch errechnet und irgendetwas zwischen Pyramide, Würfel und Ball. «Wenn man das Oloid auf dem Boden rollt, hat es eine ganz eigene Rhythmik», sagt Zehnder. «Es torkelt. Gleichzeitig ist die Bewegung sehr regelmässig.»
Genau von diesem Oloid haben sich nun Zehnder und Hilbe inspirieren lassen. Das geschmeidige Torkeln des Oloids ist etwa gespiegelt im Titelstück ihres Albums: in einer verschachtelten Rhythmik aus mehreren parallel laufenden Metren, die wie am Rechenschieber entwickelt wirken und doch organisch.
Auch die Holzpfeifen widerspiegeln den Geist des Oloids, die Verbindung von Ingenieurgeist und Ursprünglichem. Die hölzernen Pfeifen mussten zuerst entwickelt werden, hin zu ihrem archaischen Klang: Zwölf Pfeifen mit Mundstück liess Zehnder von einem Orgelbauer konstruieren, teils von beträchtlichem Ausmass, denn tief sollten sie klingen, aber immer noch von Menschenmund spielbar sein.
Einerseits dienen die Pfeifen als Melodieinstrumente in der Tiefe, etwa dann, wenn Hilbe und Zehnder ostinate Basslinien kreieren wie in «Shipibo». Oder die beiden setzen die Pfeifen rhythmisch ein, lassen Anblasgeräusche und die Töne selber zum groovenden Tranceteppich werden. «Die Mundorgeln geben der Musik einen rituellen Charakter», sagt Zehnder.
Gesang im Archaisch-Trancigen
Auf ihrem Album legen die beiden Musiker nun Spur um Spur übereinander, mit den Holzpfeifen, mit der Percussion, der Stimme. Mit Bandoneon, Cello, Glasharfe und Elektronik. Minimalistische, tranceartige Tracks entstehen. Und gerade in diese Welt passt auch die Stimmkunst von Christian Zehnder wunderbar. Natürlich ruft der Sänger den Kosmos stimmlicher Farben ab, den man mit ihm in Verbindung bringt. Da hört man gespenstische Lacher oder die Fantasielaute eines Höllenmonsters («Flix»); da wirkt er als pathetischer Bariton («Trang»), da lässt er nur Atemgeräusche schleifen oder jodelt im Flüsterton («Oloidiolo»). Zwischen Kehl-, Würge- und Brülllauten und meditativen Obertönen hört man bei ihm ziemlich vieles. Und doch wirkt Zehnder auf diesem Album insgesamt ungewohnt schlicht. «Ich bin jetzt auch etwas älter geworden, frage mich bei den Dingen: Wo sind die Essenzen? Ich wollte meinen Gesang herabholen ins Archaisch-Trancige.»
Manchmal wird auch dezente Elektronik hörbar. «Gregor Hilbe bindet die Elektronik wahnsinnig gut ein», erklärt Zehnder. «Er versucht das Organische mit der Elektronik zu erweitern, also einem Instrumentarium unserer Zeit.» Rootsmusik und Elektronik widersprechen sich in den Augen von Zehnder keineswegs. «Die DJs in der elektronischen Musik der 90er-Jahre waren ja wie Schamanen.» Man könne mit Elektronik ein Gefühl des Archaischen evozieren. Im Stück «Yanomuota» machen Zehnder und Hilbe dann gerade dies - elektronische Dschungelklänge: ein Summen, Sirren, Knacken, Knistern. Und jetzt weiss man: Die Wassertropfen vom Anfang, die kamen definitiv nicht aus einer realen Tropfsteinhöhle.
Christian Zehnder/Gregor Hilbe: Oloid (Traumton Records). Konzert am 5. April im Zürcher Moods.
Vibrierend: Christian Zehnder (r.) mit Pfeife, Gregor Hilbe mit Oloid. Foto: Nils Fisch - Tages Anzeiger (Zurich Switzerland)


"CHRISTIAN ZEHNDER & GREGOR HILBE Torkelnde Symmetrien"

In dem vom Anthroposophen Paul Schatz (1898–1979) entdeckten „überstülpten Würfel“ fanden der Schweizer Stimmenkünstler Christian Zehnder und der Schlagwerker Gregor Hilbe Mathematik und Musik, Archaisches und Futuristisches vereint. Inspiriert hat er sie zu komplex groovenden, sehr imaginativen Klängen, die genauso abstrakt wie beschwörend sind.

„Das Oloid ist der einzige Körper, der sich über seine gesamte Fläche abrollen kann. Dadurch entsteht so ein Torkeleffekt, eine Rhythmik, die auf einer relativ komplexen mathematischen Formel aufgebaut ist. Und in der Musik lässt man sich ja immer gerne von abstrakten Dingen inspirieren, von einer Metaebene“, erklärt Zehnder.

In den faszinierenden Improvisationsgebilden auf der Scheibe Oloid (Traumton/Indigo) spielt jedoch noch eine andere Komponente eine wichtige Rolle, die nicht weniger außergewöhnlich wäre: Das Duo ließ sich eigens große Orgelpfeifen fertigen:

„Wir bringen das Königsinstrument der abendländischen Musikgeschichte in die ursprüngliche Archaik, in den Urwald zurück, denn wir gehen völlig aus dem temperierten System heraus“, so Zehnder, und Hilbe ergänzt: „Mich hat vor allem der Tranceaspekt interessiert, in den man durch das Hyperventilieren hineinkommt. Wenn man drei, vier Stücke gespielt hat auf diesen heftigen Apparaten, auf denen man erst mal eine zwei Meter lange Luftsäule aufbauen muss, kommt man in einen ganz anderen Geisteszustand hinein.“

Mit dieser Philosophie lösen sich die beiden in Basel ansässigen Musiker komplett aus der alpinen Verortung heraus, kreieren eine Weltmusik 2.0. „Ich fühle mich nun keiner Ideologie, keiner Tradition mehr verpflichtet“, resümiert Zehnder, der schon in den Neunzigern mit der Formation Stimmhorn Alpenklischees mit Kehlkopfgesang auf den Kopf stellte. Doch lauert das Jodeln, auf einem abstrahierten Level, selbst in dieser ausgefuchsten Duogeometrie dem Hörer immer noch auf. Ist „Oloidiolo“ nicht ein herrliches Palindrom? - Jazzthing (Germany)


Discography

OLOID christian zehnder / gregor hilbe (Traumton Records 2013)

BOWW Tribal Poetry (2010)

Zehnder KRAAH (2010)

Zehnder SCHMELZ (2011)

Photos

Bio

Switzerland’s Christian Zehnder combines yodeling and overtone singing techniques to create a unique hybrid form of art song. He got several international awards for his famous project ”Stimmhorn” and cooperated with various international groups like Huun Huur Tu, Mercan Dede, the Casal Quartet, Don Li, the prestigious Latvian Radio Choir from Riga, or as a soloist in the Amazon contemporary opera at the Munich Biennale, there is always a touch of Swiss mountain air in his singing.

Drummer, Electronician and Producer Gregor Hilbe was a member of the legendary ”Vienna Art Orchestra” and has worked many years in his homebase Paris and London with Labels like Comet Records with Tony Allen and Laurent Garnier’s F-Com. He is working and touring among many others with Singer / Songwriter Juana Molina, Tangocrash, “JBBG Urban Folktales” on ACT Records, his Trio KAHIBA and his Dancefloor/HipHop Project “BOWW Tribal Poetry”. He was born in a cosmopolitan, musical family with czech roots and continues his grandfathers path: as a drummer and World-Musician.